Kolonialzeit.
[Juden auf dem
Scheiterhaufen - Begnadigung im Jahre 1601 stattgegeben]
Wie im kolonialen Mexiko waren Krypto-Juden bedeutend im
spanischen Südamerika engagiert (von der Karibik bis zum Rio
de la Plata), seit den ersten Tagen des spanischen Gesetzen.
Die Juden-Missionen erregten während der Zeit der
päpstlichen Inquisition und während der beiden Jahrzehnte,
die im Vizekönigreich auf die Einführung der formellen
Inquisitionsstrukturen im Jahre 1570 folgte, relativ wenig
Aufmerksamkeit
Die Judenmissionen kamen dann in den 1580-er Jahren und in
den folgenden Jahrzehnten in grosser Zahl ans Licht, als die
Verwaltungen eine konzentrierte Suche nach ihnen betrieben.
10 von ihnen wurden 1595 verurteilt, 14 im Jahre 1600, und
28 im Jahre 1605. Davon wurden total 15 zu Gefängnisstrafen
oder zur Bildverbrennung verurteilt.
Die generelle Begnadigung wurde den Judenmissionen im Jahre
1601 gegeben, so dass die Inquisition nachliess und bis 1625
zum völligen Stillstand kam.
[Portugiesische Juden -
Welle von Festnahmen und Massenflucht im Jahre 1634 -
finanzielle Schwierigkeiten für den peruanischen Staat -
Juden auf dem Scheiterhaufen am 23. Jan. 1639 - weitere
Judenverfolgung]
Während dieser Zeit kam eine beträchtliche Anzahl
portugiesischer Neuchristen, viele davon Judenmissionare,
ins Vizekönigreich Peru, im Grossen und Ganzen durch ihre
Handelstätigkeiten. Sie kamen schnell zu Reichtum und zu
einem hohen Status. Ihre soziale Verdächtigkeit spielte eine
starke Rolle, wie dann ihre geheime religiöse Richtung
aufgedeckt wurde. Eine Indiskretion eines
jüdischmissionarischen Angestellten eines kryptojüdischen
Grosshändlers im Jahre 1634 führte zur Festnahme von 64
beschuldigten Judenmissionaren, fast alle portugiesischer
Abstammung, und zu einer generellen Panik unter den
Neuchristen und sogar unter den Altchristen. Speziell die
Gläubiger der Neuchristen waren beunruhigt, denn sie
realisierten, dass die Inquisition all ihren Besitz
konfiszieren könnte, wenn auch dieser unter Verdacht geriet.
Die Verhaftung und die Flucht vieler Neuchristen brachte nun
das Vizekönigreich an den Rand des wirtschaftlichen Ruins.
Die Inquisition behandelte die diesbezüglichen Prozesse mit
einer unüblichen Schnelligkeit, indem sie allgemeine Arten
der Folter anwandte und die Prozesse innerhalb von drei
Jahren abschloss. 63 der hinsichtlich der "Grossen
Verschwörung" Verdächtigten wurden verurteilt und zu einem
spektakulären Sommer-Schauprozess mit Scheiterhaufen
(Auto-da-Fé) verurteilt wurden, der am 23. Januar 1939
abgehalten wurde. 12 der Opfer wurden auf dem Scheiterhaufen
verbrannt; 11 körperlich, und einer mit dem Bild. Davon
waren zwei der berühmtesten Judenmissionare betroffen.
Manuel Bautista Perez, der reichste und einflussreichste
Händler in Lima, der auch der Führer der Judenmissionare in
der Hauptstadt des Vizekönigreichs war, sowie der Arzt
Francisco Maldonado de Silva.
Nach diesem Schauprozess mit Scheiterhaufen (Auto-da-Fé)
ging die Verfolgung der Judenmissionare durch die
Inquisition von Lima drastisch zurück. Einige Fälle, die
gegen Judenmissionare hängig waren, wurden sogar
fallengelassen, und nur eine Hand voll jener wurde
weitergeführt oder neu angerissen, die dann bis zum
Scheiterhaufen weitergeführt wurden.
[18. Jahrhundert: Drei
ausserordentliche Persönlichkeiten sterben durch die
Inquisition]
Die seltenen Fälle von beschuldigten Judenmissionaren im 18.
Jh. umfassten drei ausserordentliche Persönlichkeiten.
Die erste Person in den frühen 1720-er Jahren war der Fall
von Don Teodoro Candioti, ein Christ der Levante, der für
seine unüblichen Praktiken gefangen genommen wurde, obwohl
er behauptete, dass seine Praktiken in seinem Land ein
normaler Brauch seien. Er starb im Jahre 1726 im
Inquisitionsgefängis und wurde in einem der
Inquisitionsgräber begraben, aber sein Name wurde (Kol. 322)
wahrscheinlich beseitigt.
Der zweite Fall war die Adlige Dona Ana de Castra, mehr
bekannt für ihre Liebesabenteuer als für ihre religiöse
Überzeugung. Unter ihren Liebhabern war der Vizekönig
selber. Ihre Überzeugung der Häresie und ihr Tod auf dem
Scheiterhaufen im Jahre 1736 scheinen eher durch die
belästigenden Aktivitäten in der offiziellen Szene motiviert
gewesen zu sein als durch ihren religiösen Eifer.
Der dritte Fall betraf den Adligen Don Juan von Loyola und
Haro (Don Juan de Loyola y Haro), ein Nachkomme von Ignatius
von Loyola. Er wurde wegen des Verdachts der Judenmission
inhaftiert, angezeigt durch einen seiner Sklaven. Er wurde
inhaftiert, sogar nachdem aufgezeigt worden war, dass der
Sklave ein Teil einer Verschwörung gegen ihn war. Er starb
im Jahre 1745 im Gefängnis, aber seine Familie hatte vier
Jahre lang nichts von seinem Tod. Erst dann - nach einer
Auswechslung der Inquisitoren - wurde der Prozess noch
einmal aufgerollt und posthum wurde er freigesprochen.
Eine kleine Anzahl Juden, die nicht als Neuchristen
klassifiziert werden kann, war zeitweise im spanischen
Südamerika aktiv, meistens als Durchreisend oder im Rahmen
von Handelsmissionen von West-Indien. Heute anerkennen viele
katholische Familien in den Nachfolgeländern, die einst Teil
des Vizekönigreich Peru gewesen waren, ihre Abkommenschaft
von Neuchristen und sogar von Judenmissionaren der
kolonialen Epoche.
[MA.C.]
Zeitgenössische Epoche.
Peru ist eine Republik in Südamerika mit einer Bevölkerung
von 12.000.000 (die jüdische Bevölkerung im Jahre 1968 wurde
auf 5000 geschätzt). Die Mehrheit der Religiösen sind
römisch-katholisch (staatlich "geschützt"), aber die
Religionsfreiheit ist durch die Verfassung (von 1933)
garantiert.
[1870: Gründung der
jüdischen Gemeinde - schnelle Anpassung]
Die moderne jüdische Geschichte in Peru begann um Mitte des
19. Jahrhunderts mit der Ankunft einiger zentraleuropäischer
Händler und Maschinenbauer in Lima. Bis 1870 waren sie
zahlreich genug, um eine Gemeinde zu bilden, die Gemeinde
für Israel (La Sociedad de Beneficencia Israelita) von 1870,
die bis heute existiert. Im Jahre 1875 erwarb die Gemeinde
Land für einen jüdischen Friedhof, der bis heute von der
Gemeinde betrieben wird. Die meisten der Einwanderer waren
Männer, und ihre jüdischen Wurzeln waren schwach.
Mischheiraten und darauf folgende Glaubenswechsel hatten zur
Folge, dass nicht ein einziger der Nachkommen der Gründer
der Gemeinde für Israel von 1870 noch Mitglied der heutigen
jüdischen Gemeinde ist. Die letzten Mitglieder der
ursprünglichen Gemeinde überlebten gerade so lange, um die
Gebetsbücher und die Synagogenschlüssen den
zentraleuropäischen, deutsch-sprechenden Juden zu übergeben,
die seitdem einen Teil der Mitglieder der Gemeinde
ausmachen.
[Ab 1880: Juden in Iquitos
- Gummi-Boom - keine Entwicklung nach dem Boom - Anpasser
und ihre Kinder - jüdische Wiederbelebung ab der Gründung
von Herzl-Israel ab 1948]
Um das Jahr 1880 kamen sephardische Juden - vor allem aus
Nordafrika - immer mehr in die Amazonasregion von Peru und
richteten dort wahrscheinlich in der Hauptstadt Iquitos eine
Gemeinde ein. Der Gummi-Boom machte den Zuzug attraktiv, und
die Mehrheit der Gemeinde wurde Händler und sorgte für einen
grossen Schub in der wirtschaftlichen Entwicklung der
Region.
Im Jahre 1909 wurde die Gemeinde für Israel (Sociedad de
Beneficencia Israelita) eingerichtet, mit 38 örtlichen
Juden, unter der Führung von Victor Israel. Schwierige
Lebensbedingungen und feindliche wirtschaftliche Bedingungen
machten aber eine Massenansiedlung unmöglich, und die
meisten der Einwanderer waren gezwungen, Iquitos wieder zu
verlassen.
Eine grosse Anzahl von ihnen blieb durch Mischheirat - und
verloren entsprechend den Titel "Söhne der Hebräer". Unter
den Nachkommen sind einige prominente Bürger des
peruanischen Urwalds. Ein interessantes Wiederaufleben der
jüdischen Identität erfolgte innerhalb der Gruppe in den
1950-er Jahren, das auch durch die Einrichtung des
Peruanisch-Israelischen Instituts in Iquitos zur Förderung
der kulturellen Beziehungen Ausdruck fand.
[1914-1918 und nach 1918:
Juden aus dem Mittleren Osten, Rumänien und Argentinien
erreichen Lima]
In der frühen Zeit des Ersten Weltkriegs kamen einige
sephardische Juden aus der Türkei und aus Syrien als Händler
nach Lima. Die Mehrheit der Einwanderungswelle kam dann aber
nach dem Ersten Weltkrieg als Flüchtlinge aus dem vom Krieg
geschundenen Türkischen Reich und aus der kleinen
rumänischen Grenzstadt Novoselitsa (Noua Sulita). Die
verschärften Einreisebestimmungen der USA und die
unglücklichen Erfahrungen einiger argentinischer Siedler,
und der Baumwoll-Boom an der peruanischen Küste während des
Ersten Weltkriegs hatten die ersten Einwanderer nach Peru
gelockt.
Briefe an Freunde und Verwandte in den Herkunftsländern
machten Peru weiter attraktiv. Die meisten der ersten
Einwanderer kamen als mittellose, junge Leute, die in Lima
als Händler anfingen und mit Stoffen und Frauenkleidern
handelten. Als die Stadt Lima für die Aktivitäten der
jüdischen Händler zu klein wurde, machten sie in der Provinz
Zweigstellen auf.
[Einige Juden kehren nach
Europa zurück]
Nachdem sie einiges Geld zusammengespart hatten, gingen
einige der Händler nach Europa zurück, um dort zu heiraten.
Einige blieben in Europa und kamen im Holocaust um; andere
kamen nach Peru zurück und gründeten eine dauerhafte
Existenz.
[Einige Juden in anderen
Provinzhauptstädten von Peru]
Während der (Kol. 323)
1930-er und 1940-er Jahre siedelten Juden in den
Provinzhauptstädten Perus - in Talara, in Piura, in Trujillo
und in Arequipa, aber nur in den letzteren beiden Städten
wurden jüdische Gemeinden eingerichtet. In den 1968-er
Jahren lebten dort kaum 10 jüdische Familien, aber die
Synagogen und die sozialen Zentren existieren noch, und an
den hohen Feiertagen wird ein Religionsgericht (minyan)
einberufen.
Händler oder spezielle Textilienhändler siedelten als
Individualpersonen oder in kleinen Gruppen in der Sierra, in
La Oroya, ein Zentrum der Minen, und ein oder zwei Juden
dienten in alten, hübschen Kolonialstädten wie Huáncayo,
Huancavelica und Ayacucho als Bürgermeister. Als aber deren
Kinder grösser wurden, suchten die jüdischen Eltern nach
bessern Schuleinrichtungen, und das Wirtschaftswachstum
machte es ihnen nun auch möglich, sich in Lima
niederzulassen. So lösten sich die meisten der ländlichen,
jüdischen Gemeinden auf.
[1933-1943: Jüdische
Einwanderung aus NS-Europa - Siedlungsprojekt wird nicht
realisiert - Entwicklungen nach 1945]
Die Gemeinde der deutsch-sprechenden Juden, die "1870-er",
die kontinuierlich weniger geworden waren, erhielten nach
der Machtübernahme Hitlers einen neuen Zustrom von
Einwanderern. Obwohl die Einwanderungsgesetze für Peru nie
liberal waren, gelang es hunderten von Familien,
Einwanderungsvisas und andere Visas zu erhalten. Einige von
ihnen gingen zuerst nach Bolivien und kamen erst danach nach
Peru. Zwischen 1933 und 1943 wurden von jüdischen
Wohlfahrtsorganisationen 536 Einwanderer registriert. Von
dieser Anzahl wanderten im Januar 1943 30 wieder aus.
[[Die illegale Einwanderung und die Einwanderung unter
anderen Quoten sind nicht erwähnt]].
Wie in anderen lateinamerikanischen Ländern wurden auch in
Peru grossangelegte jüdische Siedlungsprojekte geplant. Im
Jahr 1930 untersuchte ein Gruppe nichtjüdischer, deutscher
Wirtschaftsleute die Möglichkeit von jüdischen Siedlungen in
Peru und hatte sogar die Erlaubnis für ein Siedlungsprojekt
im Ostteil des Landes erhalten, aber das Programm wurde nie
in Angriff genommen und wurde schliesslich aufgegeben.
Die frühesten Einwanderer, die meist Kleiderhändler waren,
wurden in der Folge Grosshändler, Importeure und
Industrielle. Die jüdische Präsent in allen Bereichen der
Textilindustrie ist beträchtlich, und Juden finden sich auch
in anderen Handelszweigen und in der Leichtindustrie. (Kol.
324)