<Kolumbien,
südamerikanische Republik; Bevölkerung 19.829.185 (1968);
die jüdische Bevölkerung wird auf ungefähr 11.000 geschätzt.
Geschichte.
[[Die Ureinwohner Kolumbiens, deren Land geraubt wurde,
werden in diesem Artikel nie erwähnt]].
Die jüdische Siedlungstätigkeit geht auf die Ankunft der
*Marranen in der Kolonialzeit zurück. Die ersten kamen mit
den spanischen Besatzern im 16. Jahrhundert in diese Gegend.
Ab Beginn des 17. Jahrhunderts, in der Folge der Einrichtung
der Inquisition in Cartagena, wuchsen die Gefahren für
diejenigen, die im Geheimen weiterhin das Judentum
praktizierten. Im Jahre 1636 wurden viele Marranen von
Cartagena gefangengenommen. Dies war eine Aktion im Zuge der
Zerstörung der "Grossen Vertrauensvereinigung"
[["Complicidad Grande"]], die von Lima aus gesteuert wurde.
Und im Jahre 1638 wurde der Bekannteste der Gefangenen, Juan
Rodriguez mesa, in einem Glaubensgericht [[Autodafé]] zum
Tode verurteilt und ermordet.
[Brauchtum in Kolumbien,
das an das Judentum erinnert - Abstammungstheorie]
Gewisse Bräuche und Traditionen, die speziell in der Region
Antiochien [[Antioquia]] verbreitet sind, sowie einige
persönliche Eigenschaften der dortigen Bewohner, ähneln
jüdischen Bräuchen und Eigenschaften, gaben Anlass zu der
Theorie, dass eine grosse Anzahl Nachkommen der Marranen
sich in dieser Region niedergelassen haben. Eine spezielle
Studie, die in Antiochien durchgeführt wurde, konnte diese
Theorie jedoch nicht bestätigen.
[Religionsfreiheit seit
1886 - Katholizismus ist Staatsreligion seit 1936]
Die Kirche war traditionell immer mächtig in Kolumbien, und
blieb es auch nach der Unabhängigkeit, und ihr Status war
eines der wichtigsten Themen im politischen Kampf. Bis 1853
war der römische Katholizismus die einzige erlaubte
Religion. Zwischen 1861 und 1886 brachte der Einfluss der
Liberalen die Religionsfreiheit und die Einschränkung der
kirchlichen Macht, aber ab 1936 wurde der römische
Katholizismus wieder zur Staatsreligion, geschützt durch
(Kol. 744)
den Staat selbst. Die Verfassung von 1886, die 1936 und 1945
reformiert wurde, garantiert dabei Religionsfreiheit, so
lange deren Ausübung "nicht der christlichen Moral oder dem
Gesetz widerspricht."
[Freie, jüdische Siedler ab
Ende 18. Jh. - Friedhöfe - jüdische Versammlungen - das
Bündniskomitee]
Erst Ende des 18. Jh. und Anfang 19. Jh. jedoch konnten die
ersten Juden frei in Kolumbien siedeln. Sie kamen von den
Antillen-Inseln von Jamaika und Curacao, und in der Mitte
des Jahrhunderts siedelten sie in Barranquilla, Santa Marta,
Riohacha und in Cartagena und in weiteren Hafenstädten.
Im Jahre 1844 wurde in Santa Marta ein Friedhof
eingerichtet. Im Jahre 1853 wurde den Juden von Barranquilla
durch die Regierung ein Stück Land geschenkt, das als
Friedhof dienen sollte. Im Jahre 1874 richteten die Juden
zusammen mit den Protestanten und Katholiken einen neuen
Gemeindefriedhof ein, der in verschiedene Sektoren
unterteilt war.
Im selben Jahr wurde eine jüdische Versammlung organisiert
und mehrere der Mitglieder waren in der Entwicklung
lebenswichtiger Angelegenheiten aktiv wie das örtliche
Bankwesen und die Wasserwerke. Von Anbeginn an - seit 1877 -
bis Anfang 20. Jahrhundert, wurde die letzter Einrichtung
von zwei Juden geleitet, Augustin Senior und David de Sola,
die auch zu den jüdischen Gemeindeführern gehörten. Die
Nachkommen der ersten Juden von Barranquilla wurden dann
Katholiken und sind heute Führer der nicht-jüdischen
Gemeinde. Im Jahre 1867 wurde in Barranquilla ein örtliches
Komitee der *Alliance Israélite Universelle installiert,
ebenso 1871 in Riohacha.
[Anfangs 20. Jh.:
Einwanderung sephardischer Juden aus Griechenland, aus der
Türkei, aus Nordafrika und aus Syrien]
Die heutige jüdische Gemeinde wurde Anfangs des 20. Jh.
installiert. Die sephardischen Juden, die während der
Nachkriegszeit nach dem Ersten Weltkrieg aus Griechenland,
aus der Türkei, aus Nordafrika und aus Syrien kamen,
bildeten die erste Gruppe der praktizierenden Juden im Land.
Sie engagierten sich im Handel von handwerklich
hergestellten Waren und gründeten in Barranquilla zwei
Seidenfabriken. Um dieselbe Zeit wanderten auch
osteuropäische Juden ein, vor allem aus Polen, und es kamen
auch Juden aus Palästina. Zuerst waren sie Strassenverkäufer
und Hausierer, dann aber stiegen sie stufenweise auf und
kamen in die Herstellung von Waren und in den Handel, wobei
sie Kolumbien nur als vorübergehende Lebensstation
betrachteten.
[NS-Zeit und neue, jüdische
Einwanderung - Zahlen]
Das Aufkommen des Nationalsozialismus in Deutschland änderte
den Charakter der jüdischen Gemeinde mit dem Zustrom der
letzten, grossen, jüdischen Einwanderungswelle aus
Deutschland und Zentraleuropa. Von den 3595 Juden, die
zwischen 1933 und 1942 das Land erreichten, waren 2347
Deutsche. Gemäss der offiziellen Bevölkerungsstatistik
lebten im Jahre 1935 2045 Juden in Kolumbien, davon 1100 in
Bogota, 400 in Cali, 150 in Medellin und Barranquilla, und
der Rest an anderen Orten. Zwei Jahre später wurde die Zahl
auf über 3000 geschätzt, und bis 1943 machte die jüdische
Bevölkerung 6625 aus.
[[Juden, die unter anderen Nationalitäten einwanderten und
ihre Religion verbargen, sind im Artikel nicht erwähnt]].
Im Jahre 1943 begann im Land eine von der Handelskammer
angefachte Anti-Einwanderungs-Propaganda. Die Presse drückte
einmütig ihre Opposition zu den Fremden aus, und im Oktober
1938 verabschiedete die Regierung ein neues Gesetz, das
speziell gegen Juden gerichtet war. Im Jahre 1939 kam die
Einwanderung komplett zum Stillstand. Zwischen 1945 und 1950
wanderten nur 350 Juden ins Land ein.
[[Die Anti-Einwanderungs-Propaganda wurde wahrscheinlich von
der Hitler-Regierung inszeniert, die in der ganzen Welt
antisemitische Propaganda verbreitete. Wahrscheinlich
konnten Juden unter dem Kontingent anderer Nationalitäten
oder als "Christen" einreisen, aber dies wird hier nicht
erwähnt]].
[Jüdische Einflüsse bei der
technischen Entwicklung von Kolumbien]
Die meisten Einwanderer waren auf dem Gebiet der
Kleinindustrie und des Handwerks tätig und spielten in der
wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung des Landes
eine wichtige Rolle. Versuche mit landwirtschaftlichen
Siedlungen schlugen meistens fehl; von den 200 Siedlern 1938
bis 1939 blieben im Jahre 1942 nur noch deren 46. Die
Hauptgründe des Fehlschlags waren die schwierigen und
unbekannten klimatischen und landwirtschaftlichen
Bedingungen und speziell der niedrige Lebensstandard der
Bauern in Kolumbien.
[[Wenn die Juden auf die Ureinwohner gehört hätten, dann
hätte es dieses landwirtschaftliche Desaster wahrscheinlich
nicht gegeben]].
Andererseits spielten Juden eine prominente Rolle in der
Wirtschaft, und ihre Präsenz in der neuen Industrie und im
Grosshandel hat die Entwicklung Kolumbiens ab dem Zweiten
Weltkrieg immer mehr gefördert.
[Antisemitische Medien in
Kolumbien und Intrigen gegen jüdische Geschäftsleute -
Ausschreitungen im April 1948 und Untersuchungen von
jüdischen Geschäften]
Kolumbien zeigte sich als fruchtbarer Boden für den deutsch
inspirierten Antisemitismus, vor, während und nach dem
Zweiten Weltkrieg. Trotz der Machtübernahme der Liberalen im
Jahre 1930 fanden die antijüdischen Gefühle in Form von
antisemitischem Journalismus ihren Ausdruck, zum Beil in der
offiziellen Zeitung "El Espectador" ["Der Besucher]] (Kol.
745)
und "El Tiempo" [["Die Zeit"]]. Notorisch antisemitische
Bücher wurden in kolumbianischen Buchläden offen verkauft,
und es wurden ach antisemitische Publikationen wie die
"Revista Antisemita Colombiana"
[["Kolumbianisch-antisemitische Zeitschrift"]]
herausgegeben.
Möglicherweise wurde durch die Nazis durch die Unruhe dieser
Zeit ein grosser Deal angefacht, indem lokale Geschäftsleute
gegen angeblich jüdische "Konkurrenz" protestierten.
Auch in der Nachkriegszeit kam es noch zu antisemitischen
Ausbrüchen im Land. Die Ausschreitungen in Bogota während
der Panamerikanischen Konferenz im April 1948 brachten für
die jüdische Gemeinde schwere Folgen mit sich;
[[diese antijüdischen Ausschreitungen wurden durch die
rassistisch-zionistische Invasion und durch die Vertreibung
von Palästinensern in Palästina verursacht]];
zu dieser Zeit wurden ungefähr 130 jüdische Geschäfte
zerstört oder geplündert. Im Jahre 1948 befahl die Regierung
eine Untersuchung über die Vermögen, die von "Semiten"
stammten, die seit 1937 nach Kolumbien eingewandert waren.
Aber trotzdem ist Antisemitismus keine normale Erscheinung
geworden. Die Massen akzeptierten das nicht.
Heutige Zeit.
[Zentrale, jüdische
Organisation seit ungefähr 1945 - ethnische Juden
Aschkenasim, Sephardim, und Deutsche - vier Synagogen in
Bogota]
Bis zum Zweiten Weltkrieg war das Judentum in Kolumbien eher
lose organisiert. Die Verantwortung dafür trug zu einem
grossen Teil die Staatsverwaltung, die noch 1940 die
Einrichtung einer zentralen Organisation der Juden von
Bogota und Cali ablehnte, mit der Behauptung, dass eine
solche Vereinigung die Anpassung der Gemeinden verhindern
würde.
[[Rassistische Katholiken-"Christen" wollten, dass alle
jüdischen Kinder zu "Jesus"-Menschen würden]].
Der Holocaust aber beschleunigte die Organisation jüdischer
Gemeinden, und heute ist die jüdische Gemeinde unter der
Dachorganisation "Federación General de Comunidades"
[["Allgemeine Gemeindevereinigung"]] organisiert, mit Sitz
in Bogota, eine Filiale des [[rassistisch-zionistischen]]
*World Jewish Congress. Die jüdische Gemeinde von Bogota
(6506 Personen gemäss der Schätzung von 1966) beinhaltet
drei Hauptgruppen: Aschkenasim, Sephardim, und die
Deutschen.
Jede Gruppe hat ihre eigenen Gemeindeinstitutionen: das
"Centro Israelita" [[Israelitisches Zentrum]] in Bogota
(gegründet 1928), die "Comunidad hebrea Sefaradi"
[[Sephardisch-Hebräische Gemeinde]] (reorganisiert 1943),
und die "Asociación Israelita Montefiore [[Israelitische
Montefiore-Vereinigung]]. Ausserdem dienen weitere
kulturelle und [[rassistisch]]-zionistische Organisationen
der Gemeinde wie *B'nai B'rith, *WIZO, *General Zionists und
*Maccabi. Die Hebräische Columbus-Schule in Bogota erzieht
ungefähr 1000 Schüler vom Kindergarten bis zur Hochschule
sowie die Zentren des religiösen Lebens um die vier
Synagogen der Stadt: zwei Synagogen sind von den
Aschkenasim, eine sephardische und eine deutsch-jüdische
Synagoge.
[Jüdische Gemeinde in Cali]
Die jüdischen Gemeinden in den anderen Hauptstädten des
Landes sind ebenfalls gut organisiert. Cali hat eine
geschätzte jüdische Bevölkerung von über 3000. All die
Organisationen - in der Stadt wie in den kleinen Städten der
Region - haben sich zur "Unión Federal Hebrea"
[[Hebräisch-Föderale Union]] zusammengeschlossen, mit
Religionsdienst und Sozialdienst. Die Gemeinde hat zwei
Synagogen, eine von den Aschkenasim und eine der Sephardim,
sowie eine Schule, das "Colegio Jorge Isaac". Für
Schulkinder wird ein Sommerlager organisiert, das einzige
dieser Art im Land.
[Jüdische Gemeinde in
Barranquilla]
In Barranquilla, wo sich die drittgrösste jüdische Gemeinde
des Landes befindet, wurden im Jahre 1955 865 Juden gezählt,
von denen ungefähr die Hälfte Osteuropäer sind, ein Drittel
sefardische Juden, und der Rest sind deutsche Juden.
Wirtschaftlich gesehen sind die Juden dabei in einer
vorteilhaften Position, aber im allgemeinen öffentlichen
Leben sind sie nicht miteingebunden. Ihre Organisationen
verfügen unter anderem über den "Club Unión" [[Club der
Vereinigung]], eine soziale Organisation, die die gesamte
Gemeinde umfasst; religiöse Institutionen werden individuell
durch jeden Sektor unterhalten; allgemeine Organisationen
wie die [[rassistisch-zionistische]] B'nai B'rith,
etc.; und die Dachorganisation, die alle Organisationen
vereint. Die Tagesschule umfasst 300 eingeschriebene Schüler;
die Anzahl gemischter Heiraten ist klein.
[Kulturelles Leben -
rassistisch-zionistische Bewegung ab 1927 - Auswanderung
ins rassistisch-zionistische Herzl-Israel]
Das kulturelle Leben der jüdischen Gemeinde in Kolumbien ist
nicht speziell ein aktives. Ein grosser Teil des sozialen
Zentren sind Institutionen zur Unterhaltung und der Freude.
Gleichzeitig wurde eine grosse Zuneigung zur
[[rassistisch]]-zionistischen Bewegung entfacht, deren
kolumbianischer Zweig 1927 gegründet wurde, und für den
[[rassistischen]] Staat [[Herzl]]-Israel. Zwischen 1962 und
1964 wanderten 146 kolumbianische Juden ins
[[rassistisch-zionistische]] Israel aus, und unter den
Freiwilligen, die im Sechstagekrieg (1967) kämpften, waren
62 junge Männer aus Kolumbien dabei.
[[Israel hat seine geistige Basis bei Theodor Herzl mit
seinem Buch "Der Judenstaat" in dem klar dargelegt wird,
dass Araber vertrieben werden können, so wie die Ureinwohner
der "USA" vertrieben worden sind. Während der Gründung des
rassistisch-zionistischen Staates Israel im Mai 1948 wurden
auch keine Grenzen angegeben. "Grossisrael" soll seine
Grenzen dann zwischen den Flüssen Nil und Euphrat haben, so
besagt das Erste Buch Mose, Kapitel 15, Satz 18 (das kann
jeder in der Bibel nachlesen)]].
[Keine politischen
Positionen - jüdische Publikationen]
Die jüdische Beteiligung im (Kol. 746)
politischen Leben in
Kolumbien ist minimal. Kein Jude ist parlamentarisches
Mitglied, kein Jude ist Minister. Die Beziehungen zwischen
Juden und der Römisch-Katholischen Kirsche sind herzlich und
wurden durch den Besuch von Papst Paul VI. im Land im Jahre
1969 noch verstärkt, als eine Delegation der jüdischen
Gemeinde von ihm empfangen wurde. Die Jahre hindurch sind im
Land auch eine Reihe jüdischer Publikationen erschienen.
Bis 1970 blieben aber nur zwei, beide in Bogota: "Menora"
[["Kerzenhalter"]], gegründet 1950, hatte eine
zionistisch-revisionistische Orientierung, betonte
politische Probleme und präsentierte Gemeindenachrichten;
"Ideal" war zionistisch und nicht-partisanisch und
publizierte kulturelle und allgemeine Nachrichten, lokal und
international.
[Das Verhältnis von
Kolumbien zum rassistisch-zionistischen Israel mit
Botschaften]
Kolumbien stimmte 1947 nicht für die Teilung von Palästina,
und anerkannte auch nicht sofort den
[[rassistisch-zionistischen]] Staat Israel ab seiner
Ausrufung. Später aber unterhielt Kolumbien eine Botschaft
in Jerusalem und [[das rassistisch-zionistische]] Israel
richtete in Bogota eine Botschaft ein. Zwischen den beiden
Ländern herrschen herzliche Beziehungen. Eine grosse Anzahl
Kolumbianer nehmen an technischen Kursen teil, die im
[[rassistisch-zionistischen]] Israel angeboten werden.
Selbige Teilnehmer haben sogar eine Organisation
eingerichtet, genannt "Shalom" [[hebr.: Friede]].
Bibliographie
-- C.S. Rosenthal, in: JSOS, 18 (1956), 262-74
-- Jewish Central Information Office, Amsterdam: Position of
Jews in Columbia (1937)
-- J. Beller: Jews in Latin America (1969), 58-67
-- J. Shatzky: Yidishe Yishuvim in Latayn Amerike (1959),
195-208
-- A. Monk and J. Isaacson (eds.): Comunidades Judías de
Latinoamérica (1968), 57-63
-- Asociación Filantrópica Israelita, Buenos Aires: Zehn
Jahre Aufbauarbeit in Suedamerika (Ger. and Sp. 1943),
250-75
[M.N.E.]> (Kol. 747)