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Legenden aus der Mapuche-Welt

8. Die Legende des Copahue: Ein Mapuche-Häuptling verliert wegen einer Liebe alle Macht

Eine Schneefee
Eine Schneefee [1]
Mapuche-Kriegerhäuptling (cacique)
Mapuche-Kriegerhäuptling (cacique) [2]
Karte mit
                        der Windberg-Region (cordillera del Viento)
Karte mit der Windberg-Region (cordillera del Viento) [3]

Ein Mapuche-Kriegerhäuptling hatte sich im Nebel verlaufen und erblickte das Haus der Schneefee, die ihn versorgte und ihm den Weg zeigte. Der Häuptling wollte sie zur Frau, rettete sie von einer Entführung und brachte sie zu sich nach Hause. Aber der Stamm des Häuptlings war nicht unbedingt einverstanden, dass da die Schneefee kam.


übersetzt und präsentiert von Michael Palomino (2011)

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aus: María Espósito: Mapuche-Legenden (Maputsche; orig.: Leyendas Mapuches); in: Mapuche-Spanisch-Wörterbuch; mythologische Personen; indigene Themen aus Patagonien; ursprüngliche Namen; Legenden (orig.: Diccionario Mapuche mapuche-español / español-mapuche; personajes de la mitología; toponimia indígena de la Patagonia; nombres propios del pueblo mapuche; leyendas); Editorial Guadal S.A., 2003; ISBN 987-1134-51-7


Zusammenfassung: Der Häuptling Copahue der Region des Windbergs (cordillera del Viento, heute Argentinien) war sehr kriegerisch und erfolgreich, aber einmal auf einem Rückzug war ein Sturm und er wurde verletzt. Im Nebel fand er ein Haus einer schönen Frau, Pirepillan, "die Schneefee". Sie heilte ihn, gab ihm Honig und gab ihm ein Amulett mit, das ihm Glück und Siege bringen sollte. Danach sollte er es aber zurückbringen. Copahue siedelte seinen Stamm am Fusse ihres Berges an. Als er das Amulett zurückbringen wollte, hinderten ihn die Ältesten daran mit der Angabe, die Frau sei ein Teufel. Dann wurde er der mächtigste Häuptling der Mapuches, aber die Liebe zu Pirepillan blieb unerfüllt. Ausserdem war da das Gerücht, Pirepillan sei auf den Vulkan Domuyo entführt worden und unter Bewachung eines Tigers und eines zweiköpfigen Adlers. Nun, Copahue überwand alle diese Hürden, befreite Pirepillan und brachte sie zu sich, aber sie wurde vom Stamm nie akzeptiert und so verlor Copahue schrittweise alle seine Macht. In einer Schlacht wurde er sogar getötet, und als Rache tötete der Stamm dann auch Pirepillan. Beim letzten Schrei "Copahue" von Pirepillan öffneten sich die Felsen, heisses Wasser verbrühte die Aggressoren, und so sind alle Täler, die "Copahue" heissen, mit einem Schwur besessen und können nur durchquert werden, wenn man einen Stein "llanalhue" ("Seele des Jenseits") auf sich trägt.

<Vor langer Zeit, las die Mapuche beim Windberg (Cordillera del Viento) lebten, gab es einen Häuptling, der sich Copahue nannte. Er war der Sohn eines sehr blutrünstigen Häuptlings. Von ihm hatte er den Ehrgeiz geerbt, andere Stämme zu dominieren, und auch sein mutiges Kriegerherz. Es wird erzählt, dass er dermassen viel Mut besass, dass allein seine Ankündigung (S.263) zu kommen schon eine lähmende Angst bei den Gegnern hervorrief. Copahue führte viele Kriege, aber seine schwierigste Schlacht war die der Liebe.

An einem Nachmittag nach einer Schlacht war Copahue mit seinem Heer aus dem heutigen Gebiet von Chile auf dem Heimweg. Sie waren schon tief in den Bergen, als sich ein Sturm erhob. Die Steine wurden durch die Wirbel herumgeschleudert und fielen gefährlich die Hänge hinab. Trotzdem wurde an der Expedition auf diesem Weg festgehalten, bis ein Felssturz die Menge auseinandertrieb. Alle suchten Schutz vor dem Sturm. Copahue wurde durch die Geschosse schwer verwundet. Im Nebel war er alleine unterwegs und hatte in der Nacht jede Orientierung verloren. Da sah er plötzlich ein einzelnes Licht. Der Häuptling hoffte innigst auf eine Rettung und stieg zu diesem Licht empor, wo ihn eine schöne Frau erwartete.

"Du kannst gerne eintreten. Copahue, ich bin Pirepillan."

Pirepillan war eine Heilerin, die weitläufige Kenntnisse über die Bergkräuter besass. Sie heilte den Häuptling. Ausserdem lud sie ihn zu Honig ein und zeigte ihm den genauen Weg für den Abstieg vom Berg. Vor dem Abstieg aber stand Pirepillan hin, blockierte Copahues Weg und sagte ihm:

"Bevor du gehst, will ich dir etwas sagen. Du wirst der mächtigste der Mapuche sein, aber das wird dir auch das Leben kosten. Nimm dieses Amulett mit, das dich vor Unglück und Fluch beschützen wird. Wenn du die ersten Schlachten gewonnen hast, dann gib es mir zurück. Ich werde hier an gleicher Stelle auf dich warten."

Copahue machte sich etwas verwirrt auf den Weg und dachte schon an den Ruhm, den er erreichen würde, und empfand eine grosse Liebe zu Pirepillan. Der junge Häuptling wusste nicht, dass er sich in die Tochter des Berges verliebt hatte, die Schneefee. Und weil er sie so sehr liebte, liess er das Lager seines Stammes am Fusse ihres Berges aufschlagen.

Es passierte nicht viel, bis zu dem Zeitpunkt, als Copahue die Gelegenheit bekam, bei einer Schlacht als Sieger hervorzugehen. Hochmütig und stolz entschied er an den Berggipfel zurückzukehren, um Pirepillan das Amulett zurückzugeben und um sie zu sich zu seinem Stamm zu holen. Aber die Ältesten des Stamms erlaubten es ihm nicht.

"Diese Frau ist der Schnee des Teufels - sagten sie. Wenn du sie hierherbringst, wird uns alle ein Fluch treffen."

Also liess Copahue von seinem Abenteuer ab, aber nicht von der Liebe, die er tief in sich zu Pirepillan spürte.

Kurze Zeit später wurde Copahue dann wirklich (S.264) der reichste und mächtigste Häuptling. Die Geschäfte und die Kriege machten ihn zum Dominator und Herrn aller Mapuches. Aber Copahue vermisste Pirepillan, vor allem nach den Schlachten.

Eines Tages hörte er von einem Mapuche des Nordens, dass die Schneefee auf den Vulkan Domuyo entführt worden war. Das Gerücht besagte, dass sie von einem wilden Tiger und einem riesigen, zweiköpfigen Kondor bewacht wurde, die niemanden zu ihr liessen. Copahue verzweifelte an dieser Botschaft. Er musste sofort etwas tun. Er war sich vollkommen sicher, sie retten zu können. Niemand würde ihn nun vor diesem Vorhaben abhalten. Also beeilte er sich, die Expedition vorzubereiten. Der Häuptling brach schnellstens auf in der Hoffnung, Pirepillan retten und ihre Liebe erobern zu können. Dies war das einzige, was es in seinem Leben noch zu erobern galt: die Liebe der Schneefee.

Als Copahues Expedition am Fusse des Domuyo-Berges ankam, stieg er alleine den Berg hinauf. Verschiedentlich war er daran, seinen Plan aufzugeben. Aber der Gedanke an Pirepillan gab ihm immer wieder Mut weiterzugehen. Da war er schon nahe am Berggipfel und dachte, dass die Unternehmung unmöglich sein würde, und das erste Mal in seinem Leben meinte er, er sei besiegt. Nun betete er den Weltenschöpfer Nguenechen an, dass dieser ihm helfen solle, ihm die Gelegenheit zum Kampf um das einzige zu geben, was ihm noch fehlte, und bot seine gesamte Macht dafür an. Und sofort erschien aus einer Spalte ein Licht. Hier war der Weg zu seiner geliebten Frau.

Nun versperrte ihm auf dem Weg zu Pirepillan aber ein grosser, wütender, farbiger Tiger den Weg. Copahue verscheuchte ihn mit einem kräftigen Schlag, so dass das Katzentier den Berg hinabstürzte. Copahue hatte nur noch die Schneefee im Kopf und lief schnell bis zur beleuchteten Höhle. Hier war sie, die junge und schöne Frau, wie beim ersten Mal.

"Hier bin ich, Copahue!"

rief die junge Bergtochter. Copahue rannte herbei, um sie zu umarmen, aber nun kam der Kondor und starrte ihn kalt mit seinen vier Augen an. Da zückte Copahue sein kleines Messer und schnitt mit zwei Schnitten die beiden Köpfe des Vogels ab. Nun umarmten sich Copahue und Pirepillan, und sie begannen zusammen den Abstieg vom Vulkan. "Ich weiss den Weg", sagte Pirepillan, und leitete ihren Retter durch Abhang, der nur aus Goldsteinen bestand. Copahue konnte es nicht glauben, was seine Augen sahen. "Das ist der Schatz des Domuyo!" sagte er, als er ein paar Goldsteinchen aufhob. "Hier bist du nicht heraufgestiegen", sagte Pirepillan, die sich eng an ihn schmiegte (S.265). "Der Schatz ist der Bergschatz. Er kann so wütend werden, dass wir getötet werden. Nun sind wir schon zusammen, mehr brauchen wir nicht." Und Copahue willigte ein und liess den Weg mit all dem Gold hinter sich.

Copahue begleitete Pirepillan mit seinen Leuten und sie lebten viele Jahre als Ehepaar zusammen. Aber das Volk wollte die Bergtochter nie. Diese Frau hatte die Verbindung zwischen dem Häuptling und dem Volk zerstört und nun war der Häuptling ohne Kriegsgeist geblieben. Also begannen viele Häuptlinge, die mit Copahue verbündet waren, sich zu erheben und anerkannten ihn nicht mehr als ihren Führer an. Es kam nun oft zu Kämpfen innerhalb der Mapuche zwischen untergeordneten Häuptlingen, und die Autorität von Copahue wollten sie auch nicht mehr akzeptieren. In einer dieser Schlachten wurde der Häuptling so schwer verletzt,dass er später starb.

Und nun entlud sich der ganze Hass gegen Pirepillan. Die Verbündeten von Copahue begannen, ihr alle Schuld für den Tod des Häuptlings zuzuschieben. Die Amulette und die Zaubereien wurden als Gründe für das Ende des grossen Häuptlings angeführt. Pirepillan musste sterbe.

In einer Nacht wurde sie gesucht und sie fanden sie in ihrem Zelt, das - wie immer - mit einem unerklärlichen Licht leuchtend blinkte. Sie schleppten sie mit, versetzten ihr Hiebe und Stösse, beleidigten sie, und am Ende war ein einziges Geschrei und die Feuer brannten schon. Zum Tode verurteilt, geschunden und an einem Baum angeseilt sah sich die Schneefee mit Schrecken den Lanzen gegenüber, die bald über sie herfallen würden. Also schrie Pirepillan mit all ihren Kräften den Toten an, der sie einmal gerettet hatte:

"¡Copaaahueee! ¡Copaaahueee!"

Aber nun war es vergebens. Der Schrei schien genau das Gegenteil zu bewirken und entfachte noch mehr Wut bei den Mapuches, die sich daran machten, sie zu töten. Während nun schon ein Grab für sie vorbereitet wurde, wurden die Henker durch kochendes Wasser gebadet, die plötzlich aus den Felsen hervorsprudelten. .

"¡Cutralco! ¡Cutralco!"

schrien die Mapuches, während sie mit Schrecken auseinanderstoben. Dies war die Strafe ihres einstigen Chefs, Copahue.

Seit dieser Zeit wagen es die Nachbarsstämme nicht, diese Täler zu durchqueren, die nach Copahue benannt sind. Um sie dennoch zu passieren, muss man einen grünen Stein auf sich tragen, um die bösen Geister zu verscheuchen. Den Stein findet man in den Bergen und wird llanalhue genannt, Seele des Jenseits.>
(S.266)

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Fotoquellen
[1] Schneefee: http://hadasmagicas.blogspot.es/1210439400/
[2] Mapuche-Kriegerhäuptling (cacique): http://www.fotolog.com/di_ego23/51163284
[3] Karte mit der Cordillera del Viento: http://www.laargentinadetodos.com.ar/mapaneuquen.htm

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